110 – jähriges Jubiläum

Sehr geehrter Herr Pollok,
sehr geehrter Herr Behnke,
sehr geehrter Herr Meier,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Schülerinnen und Schüler,
werte Gäste

ich begrüße Sie ganz herzlich zur Feierstunde anlässlich
der Einweihung dieses Schulgebäudes vor 110 Jahren!
Nach der Gründung des deutschen Kaiserreiches 1871 
entstand auch in Demmin ein wirtschaftlicher Aufschwung.
Handwerk und Gewerbe entwickelten sich schnell, die Be-
völkerungszahl Demmins wuchs und somit auch die Anzahl
der schulpflichtigen Kinder.
Die alte Stadtknabenschule, der "Vorgänger" unserer Schule,
am Klinkenberg, dort wo heute das Gebäude der Feuerwehr
steht, war den Anforderungen nicht mehr gewachsen. Die
Räume waren meist dunkel und viel zu klein bei Klassen-
stärken von zum Teil 60 Schülern. Das wusste auch Karl
Goetze, der seit 1884 der Schule am Klinkenberg als Rektor
vorstand. Mit beispielhaften Engagement setzte sich 
Goetze für die Verbesserung der Lernbedingungen, der ihm
anvertrauten Schüler ein, indem er beharrlich der Forderung
für ein modernes Schulgebäude nachging.
Steter Tropfen höhlte auch zu anderen Zeiten den Stein.
Karl Goetze konnte am 13. Juli 1892 einen Antrag auf Bau
einer neuen Stadtknabenschule in der Stadtverordnetenver-
sammlung zum Beschluss voranbringen. Der erste Spatenstich
für den Neubau in der Frauenstrasse erfolgte dann im
Oktober 1893. Bereits am 08.September 1894 wurde Richtfest
gefeiert. Die Richtkrone aus Eichenlaub ist bis heute er-
halten geblieben und befindet sich auf dem Dachboden unserer
Schule. Nach gut zwei Jahren Bauzeit fand dieses Meister-
stück der damaligen Baukunst seine Vollendung. Karl Goetze
zog feierlich mit Lehrern und Schülern am 03. Januar 1896
in die neue Schule ein. 25 Jahre sollte Goetze nun in diesem
Gebäude als Rektor tätig sein. Der damalige Demminer Volks-
mund prägte die Bezeichnung " Goetzentempel".
Als dieses Haus vor 110 Jahren am 03. Januar 1896 als Stadt-
knaben-Volksschule seiner Bestimmung übergeben wurde, hatte
Demmin ein Gebäude, welches in Schönheit und Pracht im
norddeutschen Raum seines gleichen suchte.
Der wuchtige rote Backsteinbau mit seinem Uhrenturm steht
heute unter Denkmalschutz und ist eines der markanten Ge-
bäude der Hansestadt. Wenn man bedenkt mit welcher Weit-
sicht die Architekten und Planer die räumliche Gestaltung
und deren Zweckmäßigkeiten umgesetzt haben, können wir heute
nur Hochachtung davor haben und dankbar sein.
Im Inneren dieser Schulmauern hat sich in der Vergangenheit
aber auch deutsche Geschichte abgespielt.
Während des ersten Weltkrieges wurde die Schule unter anderem
als Lazarett genutzt. Gleiches wiederholte sich Ende des
zweiten Weltkrieges, darüber hinaus boten die Kellerräume
der Demminer Bevölkerung Schutz vor Bombenangriffen.
Nach dem zweiten Weltkrieg waren viele Teile Demmins durch
verheerende Brände völlig zerstört, die Schule jedoch blieb
unversehrt. So wurde die Aula für eine gewisse Zeit in einen
Operationssaal umgewandelt.
Am 01.Oktober 1945 begann dann wieder der Unterricht in
diesem Gebäude. Auf Grund der Zerstörung durch den zweiten
Weltkrieg fehlten geeignete Schulgebäude und so erhielt auch
die Pestalozzi-Mädchenschule bis 1959 in der "Roten Schule"
ihr neues Zuhause.
Waren diese Schulen bis 1959 reine Mädchen- bzw. Knabenschulen,
so wurden ab jetzt gemischte Klassen gebildet. Bis 1959
wurde wegen der besonderen Situation, dass sich 2 Schulen
dieses Gebäude teilen mussten, vormittags und nachmittags
unterrichtet. Der Vor- und Nachmittagsunterricht wechselte
dann jährlich zwischen der Stadtknabenschule und der Pestalozzi-
Mädchenschule, wobei die Unterrichtsstunde am Vormittag 40 Minuten
betrug, während am Nachmittag nach 35 Minuten die Stunde endete.
Aus heutiger Sicht ist das nur schwer vorstellbar und war
planungstechnisch sicher mit Schwierigkeiten verbunden.
In der Zeit von 1959 bis 1989 führte die "Rote Schule " die
Bezeichnung "POS" - Polytechnische Oberschule.
Schüler der ersten bis zehnten Klasse besuchten die Schule.
Sie erhielten jahrelang aus der schuleigenen Küche ein 
warmes Mittagessen. Der Essenraum ist noch heute unter dem
Begriff " Bauernstube " geläufig. Kennzeichnend für die 
polytechnische Oberschule, und so auch für diese Schule,
war die Hortbetreuung. Das Hortgebäude befand sich bis zum
Sommer 2000 als Flachgebäude auf dem Schulhof gegenüber dem
Hauptgebäude. Diese Räumlichkeiten dienten auch zu Unter-
richtszwecken, denn in Spitzenzeiten lernten ca. 800 Schüler
an dieser Schule, die seit dem 07. November 1962, anlässlich
des 152. Geburtstages Fritz Reuters, den offiziellen Namen
" Fritz - Reuter - Schule " erhielt.
Mit der politischen Wende in der DDR veränderte sich auch die
Schullandschaft und wir stellten uns diesen Veränderungen,
denn wir wollten vieles ändern und einiges besser machen.
Leider gestalteten sich dies mittlerweile 15 Jahre schul-
politisch als ein Experimentierfeld unter dem Motto, wenn
wir die Mixtur nur richtig schütteln,dann wird schon irgenwas
herauskommen und so wird es dann gemacht !
Manchmal konnten wir unsere Schulstempel gar nicht so schnell
änder, wie die Schulformen wechselten:
          Realschule mit Haupt- und Grundschulteil
          Realschule mit Hauptschulteil
          Verbundene Haupt- und Realschule
          Regionale Schule
Da könnte man schon mal den Überblick verlieren. Dass das
nicht so ist, beweisen Lehrer und Schüler dieser Schule in
ihrer täglichen Arbeit, bei der es in erster Linie nicht
um Überschriften sondern um Inhalte geht.
An dieser Stelle verweise ich gerne und auch ein bisschen mit 
Stolz auf die Homepage unserer Schule. Sie dokumentiert Vergangen-
heit und Gegenwart, ist aktuell und berichtet über Lernen und Leben
an dieser Schule. Dass unsere Homepage sogar in Australien und 
Kanada aufgerufen wird, bekundet das Interesse ehemaliger Demminer
an ihrer Heimat.
Gestatten Sie mir, dass ich an dieser Stelle von einer Begegnung
berichte,die ich vor eineinhalb Jahren hatte.
Im Laufe des Vormittags, es war Unterricht, bekam ich von einem
älteren Herrn unverhofft Besuch. Er sprach Deutsch mit geringem
Akzent. Er war auf der Durchreise und machte diese Fahrt eigentlich
zum 2. Mal. Das erste Mal 1945 als 7-Jähriger auf der Flucht aus
Ostpreußen. Für zwei oder drei Nächte waren er und seine Familie in
dieser Schule untergebracht. Seine Erinnerungen waren detailgeprägt,
da waren zum einen die riesigen Fenster, wie er sagte, die Uhr auf
dem Dach und der rote Klinker dieses großen Gebäudes. Der Mann lebt
heute in Kanada, sein Zwischenstopp in Demmin und der Besuch der
Schule dienen ihm zur Aufarbeitung seiner Vergangenheit.
Diese ehrwürdigen Gemäuer könnten noch vieles erzählen aus Vergangen-
heit und Gegenwart. Mit 110 Jahren ist dieses Gebäude natürlich in
die Jahre gekommen, aber wie man sieht, es ist prachtvoll von außen
und schön von innen, solide im Fundament, zweckmäßig in den Klassen-
räumen und modern in den Unterrichtskabinetten.
Das war nicht immer so und ist für uns auch keine Selbstverständlichkeit.
Wir wissen die Werte mit denen wir täglich umgehen zu schätzen.
Vergleicht man dieses Gebäude mit einem Patienten, so stand 1994 eine
Herzoperation an.
An dieser Stelle möchte ich unbedingt an Gerhard Glawe erinnern, der
diese Schule bis 1998 leitete.
Er hatte maßgeblichen Anteil bei der Umsetzung und Planung der Bau-
und Sanierungsmaßnahmen. Mit der ihm eigenen Einsatzbereitschaft, Be-
harrlichkeit und Übersicht führte er diese, die Baustelle und Lehr-u.
Lernort zugleich war.
In 4 Jahren wurde die Schule umfassend saniert und rekonstruiert. Die
größten und aufwendigsten Arbeiten waren bereits zur 100 Jahrfeier
abgeschlossen. Die Aula in diesem wunderschönen Zustand hat, wenn man
so will, 10-jähriges Jubiläum.

Sehr geehrter Herr Behnke,
dass wir wunschlos glcklich sind, kann ich nicht sagen, denn das würde
ja Stillstand bedeuten.
Wir sind überaus zufrieden und sehr dankbar für all das, was die Stadt
als Schulträger für unsere Schule getan hat.
Besonders nach den Baumaßnahmen in den 90-er Jahren ist dafür Sorge
getragen worden, dass Schritt für Schritt und kontinuierlich die
weitere Ausgestaltung und Modernisierung der Fritz-Reuter-Schule fort-
geführt wurde und auch weiterhin wird.
Auf das jüngste Projekt, die Beschallungsanlage für die Aula, freuen
wir uns jetzt schon riesig. Da ich berufsbedingt viel mit Zahlen um-
gehe, sei mit die Bemerkung erlaubt " das Geld ist gut angelegt".Danke!

Sehr geehrter Herr Behnke,
kein Mensch kann mehr Geld ausgeben als er hat. Auch die Stadt Demmin
kann das nicht, das wäre zudem unverantwortlich, würde so etwas ge-
schehen. Und wenn ich abschließend eine Bitte äußern darf, dann tue
ich das im Interesse der Schüler der Fritz-Reuter-Schule.
Bitte prüfen Sie, ob aus finanzieller Sicht im nächsten Kalenderjahr
eine Lauf-,Sprung- und Spielsportanlage auf unserm Schulhof errichtet
werden kann.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.